Johann Georg Hamann

Johann Georg Hamann (1730 Königsberg – 1788 Münster), der Sohn eines Baders, studierte ohne Abschluss in Königsberg, war Hauslehrer und diente letztlich 18 Jahre in niedriger Stellung in der Zollverwaltung. Bei einem geschäftlichen Aufenthalt in London erfuhr er eine radikale Wendung zum Christentum. In rationalistischer Zeit sprach Hartmann von Intuition: in kryptischer sybillinischer Prosa zeugt er von der Fähigkeit des Genies zu instinktiver Erkenntnis. Er gilt als Vorläufer oder Begründer der literarischen Schule des Sturm und Drang. Hamann beschäftigte sich auch intensiv mit Sprachphilosophie und trat in seinen letzten Jahren in Gegnerschaft zum Rationalismus seines Freundes Immanuel Kant.

Johann Georg Hamann ist der Prototyp des „Undurchschaubaren“, eine Hieroglyphe, die entziffert werden muß. Hamann, den Matthias Claudius einmal einen „Zeichendeuter“ und den „preußischen Heraklit“ genannt hat, stellt eine religiöse Anthropologie, konkretes Denken und Sprachlichkeit gegen „reine“ Vernunft und Systemdenken. Seine unbedingte Wahrheitsliebe, seine Verteidigung der religiösen Orthodoxie, seine scharfsichtige Aufklärung über die Aufklärung sowie seine höchst eigentümliche Stilistik machen ihn zu einem Brocken, der heute nicht leicht zu verdauen ist. Hamanns singuläre Stellung zwischen Aufklärung und Romantik wurde von Hegel das erste Mal auf der Höhe systematischen Denkens im Zusammenhang von Leben, Werk und Stil erfaßt. Hamann nahm u. a. die Aufklärungsdefinition seines Freundes Kant als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ aufs Korn und leuchtete exakt den blinden Fleck dieser Aufklärung aus: die selbstverschuldete Vormundschaft derjenigen, die sich als angeblich Aufgeklärte über das Volk erheben und beanspruchen, für das Volk zu denken. Eben diese Vormundschaft ist der Balken im eigenen Auge, den nicht zu sehen erst den Fanatismus ermöglicht, mit dem eben jene vormundschaftlich behandelt werden, die ihren Kopf nicht an der Garderobe der zivilgesellschaftlichen Diskursgemeinschaft abgeben möchten. Gegen die Versuchung, Aufgeklärtheit in Vormundschaft zu verwandeln, steht Hamanns singuläre Gestalt, die Denker, Theologen und Schriftsteller von Jean Paul über Ernst Jünger und Hans Urs von Balthasar bis Botho Strauß inspirierte.

Bücher

Johann Georg Hamann
AESTHETICA IN NUCE
Eine Rhapsodie in kabbalistischer Prose
Herausgegeben und kommentiert von Eva Kocziszky
144 Seiten, gebunden
ISBN 978 3 85418 202 3
EUR 22,–

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